ROT
Er steckte im tiefsten Loch, das man sich vorstellen kann, als er auf sie traf. Nicht zwangsläufig äußerlich sichtbar, jedoch in seinem Inneren.
Ablenkung, den Kopf frei bekommen, war alles, was er anfangs suchte.
Es war dunkel in diesem Loch und so sah er nicht, wenn und wie er ihr weh
tat. In jener Zeit war er praktisch blind und außerstande zu erkennen, was er ihr zumutete.
Über die Jahre zog sie ihn aus diesem Loch heraus. Es war mit Sicherheit
schwer für sie. Es kostete sie ihre ganze Kraft. Und er gewann sein Augenlicht zurück, sah wieder die Schönheit … des Lebens und erkannte ihre Schönheit.
Doch ausgelaugt, wie sie über diese Jahre wurde, ließ sie ihn dann wieder fallen. Außerdem gab es auch noch etwas anderes, was sie selbst beschäftigte.
Sie stieß ihn in das tiefe Loch zurück. Trat nach und auf seine Hände, die sich am Rande des Loches festhielten.
Für ihn war dieser Rand des Loches ihre Schönheit und seine langsam bewußt
werdende Erinnerungen an die Liebe, die sie ihm die ganze Zeit gegeben hat. Er klammerte sich mit aller Kraft daran, doch sie stand – und um in diesem Bilde zu bleiben - in einem Rock und nichts darunter über
ihm. Er hatte nur Augen für ihre weibliche Schönheit und war nicht imstande zu begreifen, was jetzt geschah, da sich alles gewendet hatte.
Er strampelte und schrie und versuchte alles Menschen Mögliche. Ohne Ergebnis.
Dabei hätte er nur neben ihr aufsteigen und an ihr vorbei fliegen sollen
… wie ein Adler, der König der Lüfte. Doch zu dieser Zeit glaubte er nicht mehr an sich. Nicht nach all dem …
Sie beide waren Zauberer. Sie beide konnten sehen. Sie jedoch wollte
diese Fähigkeit nicht wahrhaben, hat sich ablenken und wieder einfangen lassen von dem, was gewöhnliche Menschen für wahr erachten. Ohne den Wunsch, wirklich Wissen zu erlangen.
Berlin, 30.9.2014
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